Varroa

Artgerechte Bienenhaltung leicht gemacht

Oxalsäure

Viele Imker und Imkerinnen behandeln ihre Bienen mit Oxalsäure in der Hoffnung, dass die Bienen und der Mensch unter dieser Behandlung weniger leiden als die Milben. Die Imkerschaft streitet sich über Staatsgrenzen hinweg, da der deutsche Gesetzgeber das Verdampfen der Oxalsäure restriktiver handhabt als das Ausland, z.B. in Österreich oder in der Schweiz. Die Weisheit des deutschen Gesetzgebers ist hier nicht immer sofort ersichtlich.

Zunächst gilt es festzuhalten: Oxalsäure ist sehr giftig für Mensch und Tier. Schon wenige Gramm können einen Menschen töten. Über die Schleimhäute aufgenommen blockiert die Säure die Signalübertragung der Nerven, ein elender Tod kann die Folge sein. Apotheken verweigern daher die Abgabe kleinster Mengen, während Oxalsäuredihydrat im Kilomaßstab im Imkerbedarf problemlos zu erhalten ist. Trotzdem gilt hier: die Gefahrstoffvorschriften aus den Sicherheitsdatenblättern sind zu beachten!

Es gibt zwei Grundphilosophien der Anwendung. Zum einen äußerlich, indem man die Oxsalsäure mehr oder weniger fein auf die Bienen verteilt, zum andern hofft man auf eine Wirksamkeit bei der inneren Anwendung, indem man die Bienen nötigt, ein Wasser/Säure/Zuckergemisch zu sich zu nehmen. Dieses ist die in Deutschland übliche Methode und sei daher an erster Stelle erwähnt:

  1. Als dreiprozentige wässrige Lösung (Man nehme 50 Gramm Wasser, 50 Gramm Zucker, 3 Gramm Oxalsäuredihydrat) Die Lösung träufelt oder sprüht man auf die Bienen. Hier besteht die Hoffnung, dass die Bienen die Lösung untereinander weiter verteilen. Vom Tropfen getroffen lässt sich die Biene von ihren Halbschwestern trockenlecken, die dabei das Gemisch inkorporieren.
  2. Als Dampf der entsteht, indem man Oxsalsäure-Alkoholgemisch in oder über eine Flamme leitet und das undefinierte aber offenbar sehr giftige Reaktionsprodukt in den Bienenstock bläst. Diese Methode kommt aus Russland und wird dort offenbar auch recht häufig angewendet, so dass es sogar einen Markt für die entsprechenden Geräte, die einer Lötlampe mit einem kleinen Ventilator ähneln, gibt. Der Dampf, verteilt sich fein und schlägt sich überall nieder (sublimiert): auf dem Wachs, auf die offenen Honigvorräte, auf den Beutenwänden, auf den Bienen und last not least auf den Milben.
  3. Statt einer Flamme lässt sich das Oxalsäuredihydrat auch elektrisch erwärmen, wobei eine Temperatur von ca. 175 Grad Celsius angestrebt wird. Einfache Geräte sind ungeregelt und die Temperatur, die sich in Abhängigkeit diverser Randbedingungen einstellt, ist mehr oder weniger zufällig, oder aber geregelt, was sich in einem höheren technischen Aufwand und damit auch Preis niederschlägt. Siehe hier: https://geoxal.at/products/geoxal-2020?gclid=EAIaIQobChMI3e_AvaH88gIVRRIYCh0bTQv8EAEYASAAEgLl1vD_BwE
  4. Eine dreiprozentige Oxalsäurelösung wird ohne Zuckerzusatz vernebelt, d. h. über eine Ultraschallmembran fein zerstäubt. Ein Ventilator sorgt für eine gute Verteilung des Nebels. Eine Forschergruppe in der Schweiz hat hierzu eine Studie erstellt: https://docplayer.org/175376145-Etappen-zur-entwicklung-einer-ultraschall-behand-lung-mit-oxalsaeure-gegen-die-varroa-milbe-technisch-wissenschaftliche-informationen.html
  5. Die gesetzliche Lage ist selbst für Juristen komplex und für den Laien nicht durchschaubar. Einerseits ist Träufeln erlaubt (große Tropfen), andererseits Verdampfen aber verboten und Vernebeln ist nicht vorgesehen. Ist ein Vernebeln nun eher ein verbotenes Verdampfen oder ein erlaubtes (feines) Träufeln? Physikalisch ist das einfach, juristisch aber ungelöst. In jedem Fall aber wird hier Oxalsäure in gut bioverfügbarer und damit für den Menschen gesundheitsschädlicher Form (Dampf oder Lösungstropfen) gehandhabt.
  6. Oxalsäusedihydrat wird in Glyzerin gelöst und entweder auf die Bienen geträufelt oder in Form von imprägnierten Pappstreifen in den Stock gebracht. Das Glyzerin dient offenbar als „Benetzungshilfe“. Die Anwender dieser in Deutschland nicht zugelassenen Methode argumentieren über die bessere Wirksamkeit gegenüber den obigen Standardmethoden.  https://www.youtube.com/watch?v=JmRTEjZJ9ow. Diese Methode ist in der EU nicht zugelassen.
  7. Eher in den Bereich der Homöopathie ist die Methode zu verweisen, Rhabarberblätter auf die Rähmchen zu legen. Rhabarber enthält zwar Oxalsäure, aber die Konzentration ist im Vergleich den Anwendungen oben um Zehnerpotenzen geringer.

In keiner der oben erwähnten Methoden wirkt die Säure durch das Wachs hindurch, das bedeutet, dass die Larven von Biene und Milbe verschont bleiben, so dass eine mehrfache Anwendung entsprechend dem Entwicklungszyklus von Milbe und Biene erforderlich ist.

Ameisensäure

Die Behandlung mit Ameisensäure ist bei Imkern ein Standardvorgehen gegen die Varroa-Milbe. Die Säure wird in der Bienenbehausung verdampft und ab einer bestimmten Konzentration in der Luft sterben die Milben. Die Konzentration hängt von der erreichten Sättigung in der Beutenluft ab und diese wiederum von der Temperatur, somit ist das Verfahren in der praktischen Anwendung nicht immer beherrschbar.

Wenn wir uns wirklich bewusst machen, was wir mit der Behandlung auch den Bienen antun, dann würde sie kein bienenliebender Imker mehr durchführen. Bienen sind hochsensible Tiere mit einer enormen Wahrnehmungssensibilität. Natürlich hat Ameisensäure erhebliche Auswirkungen auf die Tiere. So sehr, dass sie sich selbst ihre eigenen Fühler vom Kopf reißen, da sie es nicht ertragen können. Auf menschliche Verhältnisse übertragen würde das bedeuten, dass man sich die Ohren abbreißt, wenn der Lärm zu stark wird.

Nur weil Bienen nicht wie andere Säugetiere unsere emotionalen Sinnesorgane triggern, ist diese Form der Milbenbekämpfung keine Option.

Zumal wir nur die Symptome bekämpfen und nicht die Ursachen. Die klimatisch ungünstige Haltung in den klassischen Bienenbeuten, der immense Druck immer mehr Honig und Nachwuchs produzieren zu müssen führt beispielsweise dazu, dass die Bienen keine Zeit mehr haben, sich ausgiebig zu putzen, was zum natürlichen Bienenverhalten gehört. Das sich dann Krankheiten verschiedenster Form einstellen, ist nur eine natürliche Konsequenz. Das würde uns Menschen auch so ergehen. Statt die Krankheiten mit unangenehmen Medikamenten zu bekämpfen, muss die Ursache bekämpft werden und den Bienen wieder Zeit zum Putzen gegeben werden (Grooming; siehe [1]).

Lithium

Was aus dem Zufallsfund der Uni Hohenheim geworden ist, dass Milben Lithiumchlorid nicht vertragen, ist noch unklar. Bisher gibt es noch kein Medikament.

Methode Herodes

Glaubt man dem Matthäusevangelium, so ließ König Herodes aus Angst vor Konkurrenz alle männlichen Neugeborenen töten. Dieses royale Verhalten gilt heute als unmoralisch, war zu seiner Zeit aber sicherlich weitsichtig, da ein Nachwuchskönig ja einige Jahre braucht, um dem amtierenden Monarchen sein Amt streitig zu machen.

Wer den Menschen als wesentlich vom Tier verschieden predigt, riskiert, dass der Mensch andere Lebewesen ohne Ehrfurcht behandelt:

  1. Ein heutiger Geflügelmäster verfährt ähnlich, indem er alle männlichen Küken vergast oder schreddert, er handelt damit auch konsequent; über die Weitsichtigkeit seines Verhaltens wird noch zu befinden sein.
  2. Schweinebauern sind da schon humaner, sie kastrieren ihre männlichen Ferkel zwar – dank exzellenter Lobbyarbeit zumeist ganz legal ohne Betäubung –,lassen aber die kleinen Kastraten immerhin noch für eine Weile am Leben.
  3. Der Imker folgt dem Vorbild römischer Lokalherrscher, germanischer Schweinebauern und Vogelmäster, wenn er „Drohnenbrut scheidet“. Welch ein Euphemismus! Es ist schlicht vorbeugender Mord aus ökonomischen Gründen. Über entlarvende Euphemismen in der imkerlichen Fachsprache wird noch zu berichten sein, Stichwort „Beute“.

Herodes starb eines natürlichen Todes, Schweinebauern und Vogelmäster werden nicht bestraft, und so ist es auch mit dem Imker, der die Methode des vorbeugenden geschlechtspezifischen Tötens anwendet, ohne sich Gedanken über sein Tun zu machen. So werden denn Drohnen bzw. ihre Entwicklungsstadien getötet, weil die Milben vorzugsweise (aber eben nicht ausschließlich!) auf den frisch geschlüpften Drohnen sitzen.

Sollte man hier noch über die Moral hinaus- und auf das VERMEINTLICH rationale Denken eingehen, das alles, was auf den ersten Blick entbehrlich wirkt, verwirft und behauptet, Drohnen hätten keine andere Funktion als die unmittelbar ersichtliche der Königinbegattung? Über den Nutzen der Drohnen hat Phil Chandler einige lesenswerte Gedanken zu Papier gebracht „ the importance of drones“.

Bücherskorpione

Der Bücherskorpion ist lange bekannt, es ist das Verdienst von Torben Schiffer ihn wiederentdeckt zu haben. Wir versuchen ebenfalls diese Nützlinge zu züchten BILDER BILDER BILDER. Der NorthCube ist so ausgelegt, dass die Skorpione viel Nischen finden, in denen sie hausen können. Auch bietet die Isolierung des Cubes und des Daches Versteckmöglichkeiten, denn es gilt das Motto: Meines feindes Feind ist mein Freund. Ob Bücherskorpione tatsächlich das Varroaproblem lösen ist unstritten. Eine gute Zusammenfassung einiger Studien findet sich hier: https://chelifer.de/buecherskorpione/

Pilze

Eine engagierte Gruppe aus Kieler Studenten und Studentinnen versucht mithilfe eines speziellen Pilzes als Nahrungszusatz die Resistenz der Biene gegen die Milbe und der mit der Milbe eingeschleppten Viren zu erhöhen. www.protectplanetbee.de Letztlich ist dieser Ansatz vergleichbar mit der NorthCube-Idee: Nicht die Milbe töten, sondern durch die verbesserten Umgebungsbedingungen die Biene stärken. Um sich gegen andere Mikroorganismen durchzusetzen, stellen Pilze natürlicherweise antivirale und antibakterielle Stoffwechselprodukte her, die u.a. eine Abnahme des Flügeldeformationsvirus bewirken können. Der Charme dieser Lösung liegt darin, dass der Pilz in der traditionellen Medizin Chinas verwendet wird, einer Region, aus der auch die Varroamilbe eingeschleppt wurde. Wir wünschen dieser Gruppe viel Erfolg!

Laissez faire!

Durch den Einsatz von Chemikalien sterben die empfindlichsten Varroen, aber einige überleben. Diese Überlebenden haben entweder Glück gehabt, weil sie den Chemieangriff in irgendeiner Ritze überstanden haben, oder sie konnten eine gewisse Dosis Gift vertragen, denn der Grad zwischen „Milbe schon tot“ und „Biene noch nicht tot“ ist schmal. Die glücklichen überlebenden Milben vermehren sich weiter bis zum nächsten Angriff auf ihr Leben und wiederum überleben nur neben den glücklichen die resistentesten und so entsteht eine Selektion auf Säureresistenz. Survival of the fittest hat das Darvin genannt, fit heisst hier Säureresistenz. So wundert es wenig, dass das Schwert gegen die Milben immer stumpfer wird.

Hinzu kommt, dass in der imkerlichen Praxis die Biene auf Sanftmut selektiert wird. Vielleicht wird die Biene auch sanftmütiger nicht nur dem Imker sondern auch der Milbe gegenüber. Aber das ist nur eine Mutmaßung.

Die imkerliche Praxis ist auf maximalen Honigertrag ausgerichtet, die abgängigen Kalorien werden mit Zuckergaben kompensiert. Vielleicht hat die Biene auch Angst den Winter dank minderwertigen Futters nicht zu überleben und konzentriert sich auf die Beschaffung höherwertigen Futters anstatt auf Körperhygiene. Auch das ist nur ein Mutmaßung.

Laissez faire bedeutet die Bienen „machen zu lassen“, sie wissen selbst am besten, wie sie zurechtkommen. Auf menschliche Verhältnisse übertragen könnte man von unterlassener Hilfeleistung sprechen. Hier gibt es das u.a. das Gotlandexperiment, wo die Bienen ohne menschliche Varroabekämpfung über lange Zeiträume isoliert auskommen mussten. Der Ansatz ist hoffnungsvoll aber natürliche Selektion kann grausam sein. Hier geht es zur Gotlandstudie: https://www.researchgate.net/publication/42384375_Survival_of_mite_infested_Varroa_destructor_honey_bee_Apis_mellifera_colonies_in_a_Nordic_climate/link/09e4150ded36f02d9f000000/download

Neuere Originaldaten liegen uns nicht vor. Wer hat aktuellere Daten?

Fazit

Der Stein der Weisen ist auch von uns noch nicht gefunden:

Die chemische Keule schadet den Bienen,

der Skorpion ist weniger aggressiv als die Milbe und

ohne Hilfe kommen die Bienen kaum zurecht.

Im Northcube haben wir daher keine Möglichkeit zur chemischen Behandlung vorgesehen, aber jede Menge Möglichkeiten Bücherskorpione und andere, natürlich vorkommende Organismen zu beherbergen. Die Hoffnung ist, über die Nachstellung der natürlichen Bienenumgebung ein Umfeld zu schaffen, in der die Biene die größten Überlebenschancen hat

Referenzen